05/08/2024 0 Kommentare
Predigt von Pastorin Angela Walther vom 4.8.2024
Predigt von Pastorin Angela Walther vom 4.8.2024
# Predigten

Predigt von Pastorin Angela Walther vom 4.8.2024
Predigttext: Markus 10,13-16:
13Einige Leute brachten Kinder zu Jesus.
Sie wollten, dass er ihnen die Hände auflegte.
Aber die Jünger wiesen sie schroff zurück.
14Als Jesus das merkte,
wurde er zornig und sagte zu ihnen:
»Lasst doch die Kinder zu mir kommen,
hindert sie nicht daran!
Denn für Menschen wie sie ist das Reich Gottes da.
15Amen, das sage ich euch:
Wer sich das Reich Gottes nicht
wie ein Kind schenken lässt,
wird nie hineinkommen.«
16Dann nahm er die Kinder in die Arme,
legte ihnen die Hände auf und segnete sie.
Jesus segnete die Kinder. Wie fühlte sich das wohl an?
Der kleine Timon fasst sich an den Kopf. Gekitzelt hat´s da eben. Ungewohnt, dass ihm jemand die Hand auf den Kopf legt. Ein bisschen komisch. Und auch ein bisschen schön. „Gott segne dich!“ Timon spürt: Jesus freut sich, dass er da ist…
So kann Segen sein: Wie eine warme Dusche. Unsichtbar wie von Gott gestreichelt sein. Das Gefühl, willkommen zu sein.
Bist auch du schon einmal so gesegnet worden? Erinnerst du dich? Vielleicht war es bei deiner Konfirmation? Manche Menschen denken noch Jahre später daran zurück und an den Vers, der dabei gesprochen wurde.
Segen tut gut: Die zugesprochenen Worte und oft auch die sanfte Berührung. Beides zusammen verändert meine Wirklichkeit. Segen ist mehr als nur ein guter Wunsch. Er hat etwas Heilvolles.
Jesus segnet nicht nur Kinder. Er segnet so ziemlich alle, die zu ihm kommen. Alle, die es ernst meinen. Auch die, von denen niemand es denken würde: habgierige Zöllner und Betrüger.
Als Mann, der an Kindern echtes Interesse zeigt, war Jesus zu seiner Zeit ungewöhnlich. Als jemand, der sich auch mit Diensttuenden der verhassten römischen Besatzer abgab, noch mehr. Jesus überwindet gesellschaftliche Grenzen. Er hat auch die im Blick, die damals keinen hohen gesellschaftlichen Stand hatten, für Kinder, für Menschen, die sich ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen können, für Kranke, für Bettler, für Witwen und für Frauen.
Frauen… Bestimmt waren auch Mütter unter denen, die ihre Kinder damals zu Jesus brachten. Wie fühlte es sich wohl an, von den Jüngern zurückgewiesen zu werden? Ich stelle mir folgende Situation vor:
Eine Frau mit zwei Kindern, das Baby auf dem Arm, das Kleinkind an der Hand. Drei Jahre ist der kleine Simeon alt. Ein Wirbelwind, manchmal etwas vorlaut, aber sehr liebevoll, besonders mit seiner kleinen Schwester. Die Mutter wünscht sich das Beste für beide Kinder. Deshalb will sie sie zu Jesus bringen. Von dem hat sie schon so viel gehört. Als sie fast bei ihm angekommen sind, kann Simeon nicht mehr. Er quengelt laut: „Mama, meine Beine tun weh!“ Genervte Blicke der Männer um Jesus richten sich auf sie. Doch nun läuft Simeon wieder weiter, zieht die Mutter hinter sich her, weiter auf Jesus zu. Andere Familien folgen. Jesus schaut auf. In dem Moment beginnt das Baby auf ihrem Arm fürchterlich an zu schreien. Sie zuckt zusammen. Einer der Jünger kommt auf die Frau zu. Und sie spürt: Gleich sagt er, sie sollen abhauen. Sofort.
Manchen jungen Eltern ist das Gefühl vertraut: Hoffentlich benimmt sich mein Kind auf der Veranstaltung! Ich kenne Leute, die sich mit ihrem Nachwuchs nicht in Gottesdienste trauen, aus Angst, ihre Kinder könnten unruhig sein. Denn das fällt besonders auf, wenn alle anderen still sind. Und als Mutter kann ich versichern: Solche Situationen lassen sich nicht vorhersehen und nie ganz verhindern. Wenn dann die anderen in den Bänken gespannt zusehen, wie ich als Mutter reagiere, brauche ich starke Nerven.
Dabei wünschen sich doch eigentlich alle, dass junge Menschen kommen, dass Kinder den Glauben kennenlernen und ihn später weitertragen, dass sie die Kirche fröhlich und bunt machen, Alte und Junge miteinander! Denn Kinder bringen nicht nur Trubel mit sich, sondern auch viel Freude. Kinder sind bei uns willkommen! Dafür stehen unsere Kitas, dafür stehen wir auch als Gesamtgemeinde!
Die biblische Geschichte von der Kindersegnung ermutigt uns zu überlegen: Wo können wir noch einladender sein? Wie nehmen wir Familien die Befürchtung, dass ihre Kinder stören könnten? Ein gegenseitiges Verständnis ist gefragt, der Älteren für die Jüngeren, umgekehrt natürlich genauso.
Die Jünger von Jesus müssen dies noch lernen: Kinder gehören dazu. Kinder verleihen ihrem Glauben auf ihre Weise Ausdruck. Es ist keine Voraussetzung, komplizierte Erwachsenen-Gespräche führen zu können. Aber nicht nur Kinder möchte Jesus in seinen „Inner-Circle“ der ihm Engverbundenen integrieren. Auch Frauen haben bei ihm etwas zu sagen, anders als sonst in der damaligen Gesellschaft. Sogar Bettler lädt Jesus ein und einmal begibt er sich gar bei einem betrügerischen Zöllner zu Tisch. Auch das löst Irritationen aus. Schnell kommt bei denen, die sich schon zu Jesus zählen, ein ungutes Gefühl auf, wenn solche neuen Leute zu ihnen dazu stoßen. Sie mögen gedacht haben: „Person X könnte unsere Runde irgendwie stören.“ Oder: „Person Y hat eine Art, die nicht zu uns passt.“
Jesus ruft die Jünger und damit indirekt auch uns als Christ:innen zu mehr Offenheit auf. So wie er lebt und sich den Menschen zuwendet, ruft er dazu auf: „Heißt andere, neue Leute willkommen und wenn eure Gemeinschaft dadurch anders, lauter, bunter, vielfältiger wird, dann ist das gut so! Alle, die den Glauben und die christlichen Werte wie die Nächstenliebe teilen, dürfen dazu gehören.“
Manchmal können die Neuen für die „Engverbundenen“ sogar ein Vorbild sein, wie der Zöllner Zachäus. Er war einmal ein fieser Betrüger gewesen. Er hatte den Leuten viel mehr Zoll abgeknöpft als es rechtens war und die Differenz hatte er für sich selbst behalten. Doch dadurch, wie konsequent er all dies Schlechte hinter sich lässt, darin, wie er sein Handeln bereut und sich zum Guten wendet, wird er zum Vorbild. Er, der sich früher selbst bereichert hatte, teilt sein Geld nun mit anderen. Darin kann selbst der Zöllner Zachäus zum Vorbild werden.
Auch der barmherzige Samariter aus dem Gleichnis für gelungene Nächstenliebe mag den Jüngern erstmal „fremd“ vorgekommen sein. Der Samariter stammt aus einem anderen Land und hängt einer etwas anderen Religion an. Das spielt für Jesus keine Rolle, denn er hat ein gutes Herz und tut das Richtige: Er hilft dem Verletzten, der von Räubern zusammengeschlagen wurde.
Und schließlich stellt auch Jesus die Kinder als Vorbilder heraus, den kleinen Simeon, Timon, Priska und Hannah, die sich gerade heimlich in der Nase bohrt. Doch auch damit hat Jesus kein Problem. Denn Kinder sind manchen Erwachsenen ein Vorbild darin, anderen Menschen mit Offenheit und ganz unvoreingenommen zu begegnen.
Dann sagt Jesus:
„Lasst doch die Kinder zu mir kommen (…)
Wer sich das Reich Gottes nicht
wie ein Kind schenken lässt,
wird nie hineinkommen.“
Kinder lassen sich gern beschenken. Das zeichnet sie aus. Welches Kind würde wohl ein Geschenk ablehnen? Die Kinder unserer Kitas freuen sich über so vieles: über Ausmalbilder, über selbstgebastelte Dinge, die sie stolz mit nach Hause nehmen dürfen, über von den Erzieher:innen geflochtene „Elsazöpfe“, über vorgelesene Geschichten und auch über gemeinsames Singen und Andachtfeiern.
Kinder können uns ein Vorbild darin sein, wie sie sich beschenken lassen, von ihrem Vertrauen, etwas anzunehmen, von Erzieher:innen, von Eltern und letztlich auch von Gott. Am Ende jeder Kitaandacht gibt es einen Segen, so wie auch am Ende jedes Sonntagsgottesdienstes. So hoffe ich, werden auch wir heute in dem Gefühl in den weiteren Tag gehen, von Gott beschenkt, berührt und gesegnet zu sein. Denn Kinder sind wir alle, ob Klein oder Groß, Jung oder Alt. Wir sind alle Kinder Gottes. Amen.
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